Interdentalhilfsmittel – ein Wegweiser zur Auswahl und Anwendung des richtigen Produktes

Was macht einen Mund gesund? Gesundes Zahnfleisch, das Parodont, sowie die Zähne können als das Fundament für ein funktionierendes und gesundes Kauorgan betrachtet werden.

Regelmäßige Hygienemaßnahmen ermöglichen somit einen langen Erhalt der Zähne und damit auch der Mundgesundheit. Ein Großteil der Bevölkerung ist neben der Karies von einer Gingivitis oder einer Parodontitis betroffen. Letztere zählt neben der Karies zu den häufigsten chronischen Erkrankungen des Menschen weltweit. Die Ursache dafür ist eine Ansammlung von Bakterien aufgrund unzureichender Plaque- Entfernung. Zahnfleischerkrankungen wirken sich nicht nur negativ auf die Gesundheit des Mundraums, sondern auch auf das psychische Wohlbefinden der Patienten aufgrund optischer Mängel (Zahnfleischrückgang, freiliegende Zahnhälse) aus. Karies und Parodontitis gehen nicht selten mit Zahnverlust einher, wodurch die Nahrungsaufnahme und das Sprechen beeinträchtigt sein können und folglich die Lebensqualität der Patienten deutlich eingeschränkt wird (1, 2). Die Approximalkaries ist ein Produkt mangelnder Zahnzwischenraumpflege. Damit geht häufig eine Präparation und Füllung des betroffenen Zahnes einher, wobei auch gesunde Bereiche präpariert werden müssen, um kariöse Zahnhartsubstanz komplett zu beseitigen.

Zudem kann sich eine unzureichende Mundgesundheit auch negativ auf andere Organsysteme auswirken: Erkrankungen des Zahnfleisches scheinen Einfluss auf den Verlauf von systemischen Erkrankungen wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu haben (3).

Deshalb ist neben der Zahnbürste die Anwendung von Produkten für die Pflege der Zahnzwischenräume unerlässlich. Vielen Patienten ist der Umgang mit solchen Mitteln ungeläufig, bedingt durch mangelnde Aufklärung, verbunden mit einem Überangebot an verschiedenen Produktgruppen.

Dieser Artikel dient als Überblick und beschreibt die Anwendung sowie die Vor- und Nachteile der verschiedenen Interdentalhilfsmittel.

Zahnseide

Als Klassiker der Produkte für die Interdentalreinigung wird die Zahnseide betrachtet. Bezüglich der Materialbeschaffenheit unterscheidet man zwischen Kunststoffen, Seide oder auch dünnen Baumwollfäden. Die Oberflächenbeschaffenheit kann als gewachst oder ungewachst beschrieben werden. Manchmal sind Zusatzstoffe in Form von Fluoriden eingearbeitet (4).

Die gewachste als auch die ungewachste Zahnseide reinigen die Zahnzwischenräume effektiv (5). Die gewachste Zahnseide bietet vor allem bei engen Approximalkontakten einen Vorteil in der Gleitfähigkeit und ist für Einsteiger einfacher in der Handhabung. Sie lässt sich durch ihre Beschichtung besser in die Approximalräume einbringen. Es können Wachsreste im Mundraum zurückbleiben, welche jedoch bei der Reinigung mit der Zahnseide entfernt werden können. Ungewachste Zahnseide ist hingegen weniger reißfest als die gewachste, da sie aus verschiedenen dünnen Einzelfasern besteht, welche miteinander verflochten sind. Dadurch kann es zum Aufquellen und Auffächern kommen, was von manchen Patienten aufgrund der größeren Reinigungsfläche befürwortet wird.

Das Mittel der Wahl für die Reinigung eines Brückengliedes ist eine Spezialfloss. Sie besteht aus zwei versteiften Enden zum Durchfädeln sowie einem bauschigen Mittelteil (Abb. 1 links), welches der Plaqueentfernung dient. Für die Anwendung dieser Zahnseide besteht besonders im Seitenzahnbereich unter schlechter Sicht ein besonderer Anspruch an manuelles Geschick.Die Anwendung eines Zahnseidehalters ist eine mögliche Alternative für Patienten, die Schwierigkeiten bei der Anwendung von Zahnseide haben. So gibt es Halter, in die sich täglich neue Zahnseide einspannen lässt, wie auch Einwegprodukte, welche nach Gebrauch nicht wiederverwendet werden sollten. Als Besonderheit sind Zahnseidehalter mit einem flexiblen Gummipick am anderen Ende zu nennen, welcher als zusätzliches Reinigungsmittel dient.

Für die Anwendung von Zahnseide bedarf es allgemein eines gewissen Geschicks. Die Reinigung eines vollbezahnten Gebisses erfordert ca. 50 cm Zahnseide. Die Enden der Zahnseide werden dann um die beiden Mittelfinger gewickelt, wobei ein ca. 2,5 cm langes Stück Zahnseide straff über die Zeigefinger gespannt wird. Danach sollte der gespannte Anteil vorsichtig und sägeblattartig in den Zahnzwischenraum bis unterhalb des Kontaktpunktes eingebracht werden. Sobald die Zahnseide das Zahnfleisch erreicht, wird diese in einer C-förmigen Bewegung an die Zahnkontur angedrückt. Dieser Vorgang kann mehrfach pro Zahn durchgeführt werden bis die Fläche gereinigt ist.

Da viele Patienten den Umgang mit der Zahnseide als motorisch herausfordernd empfinden und gerade im Bereich enger Approximalkontakte Schwierigkeiten haben diese einzufädeln, liegt die Compliance der erwachsenen Bevölkerung nur bei ca. 10- 30 % (6). Zudem zeigen Studienergebnisse eine zum großen Teil bessere Reinigungsqualität anderer Interdentalhilfsmittel, da die Wirksamkeit der Zahnseide durch eingeschränkte Patientenakzeptanz und falsche Anwendungstechnik verringert ist (7, 8).

Die PHD-, ISO- und Drahtdurchmesser-Werte der Interdentalbürsten vom Hersteller
Mara expert
ISO Größe 0 1 2 3 4 5
PHD in mm ≤ 0,60 0,7-0,8 0,9-1,0 1,1-1,2 1,3-1,5 1,6-1,8
Draht Ø in mm 0,4 0,45 0,5 0,6 0,7 0,8

Interdentalbürsten

Die Interdentalbürste gehört zu den aktuell meist empfohlenen interdentalen Reinigungsmitteln auf dem Markt. Besonders attraktiv ist dabei die erleichterte Führung in den Zahnzwischenräumen durch einen ergonomisch gestalteten Griff. Somit kann je nach manueller Fertigkeit des Anwenders eine gezielte und zeitsparende interdentale Reinigung erfolgen.

Da Form und Größe der Interdentalräume von Patient zu Patient unterschiedlich sind, ist das umfassende Größensortiment dieser Produkte sinnvoll. Die unterschiedlichen ISO-Größen, die eine Reinigung von Approximalraumbreiten von 0,6 bis zu 1,8 mm erlauben, erleichtern dem Anwender zunächst, die für sich passende Interdentalbürste zu finden (Abb. 1 rechts). Ein noch besserer Parameter zur Bestimmung der individuellen Größe ist die Durchgängigkeit der Interdentalbürste (PHD: Passage Hole Diameter). In Tabelle 1 ist ein Beispiel für die PHD-Werte, die ISO-Größen und den Drahtdurchmesser abgebildet. Daher ist eine Orientierung der PHD-Werte grundsätzlich sinnvoller als die der ISO-Größen.

Unterschiede treten bei der Materialbeschaffenheit auf. Man unterscheidet zwischen Interdentalbürsten aus beschichtetem Metalldraht oder Gummi.

Bei der Anwendung sollen die Bürsten den gesamten Interdentalraum ausfüllen und dürfen auch leicht unter den Zahnfleischrand reichen. Patienten sollten höchstens zwei oder drei verschiedene Größen für die Reinigung aller Zähne empfohlen werden, um die Akzeptanz der Anwendung zu erhöhen.

Zahnhölzer/Interdental-PICKS

Eine weitere Möglichkeit zur Plaqueentfernung bieten Interdentalhölzer. Sie eignen sich vor allem zur Zahnpflege unterwegs, sind jedoch anderen Interdentalreinigern hinsichtlich der Plaqueentfernung deutlich unterlegen (9, 10). Es besteht die Möglichkeit, dass die Zahnhölzer abbrechen und so Schäden verursachen können. Jedoch ist die Anwendung von Zahnhölzern gerade für Patienten, die eine schlechtere Compliance aufweisen, ein Produkt, welches zum Einstieg verwendet werden kann, da eine Ähnlichkeit zum Zahnstocher besteht, welcher vielen Patienten in der Handhabung bekannt ist. Die Zahnhölzer bestehen meist aus Weichholz, können leicht in den Zahnzwischenraum eingeschoben und hin und her bewegt werden. Durch die Feuchtigkeit im Mundraum verformt sich das Holz und reinigt die Kontaktflächen, wobei dennoch eine vorsichtige Handhabung geboten ist, um die Interdentalpapille nicht zu verletzen.

Als Alternative können neu entwickelte Interdental- PICKS gesehen werden, welche für den Anwender leichter in der Handhabung sind als Zahnseide und zudem ein geringeres Risiko einer Gingivaverletzung im Vergleich zu Zahnhölzern aufweisen (11).

Munddusche

Der Großteil der Mundduschen arbeitet mit einem Wasserstrahl, welcher unter Druck Speisereste aus den Zahnzwischenräumen entfernt. Dabei sollte die Munddusche nur als Ergänzung zur täglichen Mundhygiene angesehen werden, da zurzeit keine aussagekräftige Evidenz über die Effektivität der Plaqueentfernung vorliegt. Wahrscheinlich ist die Verwendung der Munddusche mit der Anwendung der Mundspüllösung allerdings eine gute Ergänzung zur häuslichen Mundhygiene. Zudem kann diese Kombination aus Munddusche und Mundspüllösung ebenfalls eine Pflegeerleichterung bei Patienten mit Zahnersatz, kieferorthopädischen Apparaturen und Patienten mit eingeschränkten manuellen Fähigkeiten bieten, wobei dadurch das mechanische Reinigen des Zahnersatzes nicht entfällt.

Fazit

Neben der mindestens zweimal täglichen Anwendung der Zahnbürste sollte einmal täglich Interdentalreinigung zur Aufrechterhaltung der Mundgesundheit betrieben werden. Die unterstützende Zahnzwischenraumpflege ermöglicht eine Verringerung der Approximalkaries und Gingivitis. Bei der unterstützenden Parodontaltherapie (UPT) ist eine gute Mundhygiene inklusive Interdentalreinigung obligat.

Aufgrund der Individualität der anatomischen Gegebenheiten im Mund und der unterschiedlichen manuellen Fähigkeiten der Verwender soll auch das geeignete Interdentalhilfsmittel individuell bestimmt werden. Dabei sind vor allem Motivation, die motorischen Fähigkeiten sowie die Größe der Interdentalräume zu berücksichtigen.

Die PICKS und Interdentalbürsten ermöglichen meist ein effektiveres und zeitsparendes Reinigen der Zwischenräume im Vergleich zur anspruchsvollen Handhabung der Zahnseide. Anhand der vorhandenen unterschiedlichen Größen der Interdentalhilfsmittel sollte vorab immer eine Bestimmung der geeigneten Größe durchgeführt werden. Es sollte möglichst der Interdentalraum abgedeckt und leicht durchgängig sein, um das Zahnfleisch nicht zu verletzen.

ZÄ Eileen Altmeyer
Fakultät für Gesundheit
Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
Abteilung für Zahnerhaltung und Präventive Zahnmedizin
Universität Witten/Herdecke

Literaturverzeichnis

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