Nutri-Score – die erweiterte Nährwertkennzeichnung kommt

Am 30. September 2019 gab Bundesernährungsministerin Julia Klöckner in Berlin bekannt, dass sie die vereinfachte erweiterte Nährwertkennzeichnung, den Nutri-Score, in Deutschland einführen will.

Eine Nährwertkennzeichnung auf Lebensmittelverpackungen gibt es schon lange: Seit dem 14. Dezember 2016 ist sie integraler Bestandteil der deutschen Lebensmittel-Informationsverordnung und basiert auf der EU-Verordnung Nr. 1169/2011. Nun wird diese gesetzlich geregelte Kennzeichnung erweitert.

Vorausgegangen war eine umfassende, wissenschaftlich fundierte sowie unabhän- gige Verbraucherforschung im Auftrag des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), die zugunsten der Nutri-Score- Ampel ausgefallen war (1). Gleichzeitig kündigte die Ministerin eine Verordnung an, die es deutschen Unternehmen in Zukunft ermöglichen soll, den Nutri-Score freiwillig zu nutzen. Eine gesetzliche Verpflichtung allein auf nationaler Ebene ist nach europäischem Recht nicht möglich. Ein entsprechender Verordnungsentwurf des BML soll zeitnah, etwa bis März 2020, vom BMEL vorgelegt werden.

Mit Fachwissen imponieren

Voraussichtlich ab Mitte d. J. wird die Nutri- Score-Ampel auf den ersten Lebensmittelverpackungen zu sehen sein – und ganz sicher Fragen von ernährungsbewussten Patienten aufwerfen, die vom Prophylaxeteam kompetent beantwortet werden sollten. Damit Sie mit Fachwissen beeindrucken können, hat prophylaxe impuls die wichtigsten Fragen und Antworten1 nachfolgend zusammengestellt.

Was ist der Nutri-Score?

Der Nutri-Score ist eine Nährwertkennzeichnung in Ampelfarben. Verbraucher können damit auf der Packungsvordersei- te auf einen Blick erkennen, wie ausgewogen oder unausgewogen ein Lebensmittel ist – insbesondere bei verarbeiteten Produkten.

Wie funktioniert der Nutri-Score?

Für die Berechnung des Nutri-Scores werden günstige Nährstoffe, die man reichlich zu sich nehmen sollte, mit ungünstigen Nährstoffen, die nur in geringen Mengen verzehrt werden sollten, verrechnet. Positiv zu Buche schlagen Ballaststoffe, Proteine, Obst und Gemüse, negativ bewertet werden etwa gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz. Das Ergebnis wird in eine fünfstufige Farbskala, die mit den Buchstaben A bis E hinterlegt ist, übersetzt. Eher ausgewogene Produkte erhalten ein dunkelgrünes „A“ oder hellgrünes „B“, im mittleren Bereich gibt es ein gelbes „C“ und eher unausgewogene Produkte wie fettige Snacks oder Süßwaren bekommen ein orangenes „D“ oder gar ein rotes „E“.

Gut zu wissen: Die Nutri-Score-Bewertung eines Lebensmittels stimmt mit den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) überein. Das hat die Auswertung von rund 8.500 Lebensmitteln auf dem deutschen Markt ergeben. Lebensmittel, deren Verzehr die DGE empfiehlt, wurden auch vom Nutri- Score als die bessere Wahl eingestuft. So erhielten rund 80 % der Produkte, die vor allem aus Obst und Gemüse bestehen, den Nutri-Score „A“ oder „B“. Demgegenüber wurden Produkte, deren Verzehr laut DGE eingeschränkt werden sollte, schlechter bewertet, zum Beispiel erhielt ein Großteil der zuckrigen Snacks (93 %) den Nutri- Score „D“ oder „E“.

Warum brauchen wir den Nutri-Score?

Beim Einkauf können Verbraucher nicht auf einen Blick erkennen, wie ausgewogen ein Lebensmittel ist. Denn die Nährwerttabellen mit Angaben z. B. zu Zucker, Fett, Salz oder Kohlenhydraten finden sich in der Regel im Kleingedruckten auf der Rückseite der Verpackung. Die Nährwertqualität verschiedener Produkte lässt sich so nur schwer miteinander vergleichen. Das trägt dazu bei, dass Fehlernährung weit verbreitet ist – und mehr als die Hälfte der Erwachsenen sowie etwa jedes fünfte Schulkind in der EU übergewichtig oder sogar fettleibig sind. Wissenschaftliche Studien belegen, dass der Nutri-Score die verständlichste Form der Nährwertkennzeichnung ist. Er hilft Verbrauchern dabei, gesündere Kaufentscheidungen zu treffen.

Der Nutri-Score spricht keine Verbote aus, sondern er hilft – insbesondere bei verarbeiteten Produkten wie Fruchtjoghurts, Tiefkühlpizzen oder Frühstücksflocken – auf einen Blick das ausgewogenere Produkt zu erkennen.

Innerhalb einer Produktkategorie gibt es mitunter große Unterschiede bei den Nährwerten: Ein Erdbeerjoghurt kann doppelt so viel Zucker, doppelt so viel Kalorien und vier Mal so viel gesättigte Fette wie der Erdbeerjoghurt einer anderen Marke enthalten – der Nutri-Score zeigt das unausgewogenere Produkt sofort. Nicht zuletzt macht es diese Ampel Anbietern schwerer, Verbraucher mit irreführenden Werbeversprechen zu täuschen. Denn sie entlarvt auf einen Blick, wenn Zuckerbomben als gesund beworben werden.

Ein Bio-Apfelsaft bekäme mit dem Nutri-Score ein gelbes „C“, ein mit Süßstoffen gesüßtes Produkt wie Coke light hingegen ein grünes „B“ – ist das nicht irreführend?

Der Nutri-Score bewertet die in Getränken enthaltenen Nährstoffe – positive wie negative. Ein Apfelsaft wird mit einem gelben „C“ bewertet, denn er enthält zwar viel Frucht und damit auch günstige Nährwerte, aber mit 110 Gramm je Liter auch extrem viel Zucker. Saft ist nun mal kein gesunder Durstlöscher und sollte nur in kleinen Mengen oder stark mit Wasser verdünnt getrunken werden. Coke light bekommt ein „B“, weil das Produkt zuckerfrei ist und schlicht gar keine Nährwerte enthält – weder günstige noch ungünstige. Lediglich Wasser erhält den besten Nutri-Score „A“.

Zum Vergleich: Eine reguläre Coca-Cola enthält ähnlich viel Zucker wie Apfelsaft (106 Gramm je Liter), aber im Gegensatz zu Saft keinerlei gesundheitsförderlichen Bestandteile. Coca-Cola wird deshalb mit einem roten „E“ gekennzeichnet.

Quellen: BML, Foodwatch, Verbraucherzentralen

Frage an Prof. Dr. Stefan Zimmer von der Universität Witten/Herdecke und 1. Vorsitzenden der Aktion Zahnfreundlich e. V.

Wird die Nutri-Score-Ampel das „Zahnmännchen“ (Abb. 3), das zahnfreundliche Lebensmittel und Getränke auszeichnet, überflüssig machen?

„Keinesfalls! Denn die Nutri-Score-Ampel bezieht sich ausschließlich auf die allgemeine Gesundheit, die Zahngesundheit wird überhaupt nicht berücksichtigt. Deshalb ist das Gütesiegel Zahnmännchen die einzige verlässliche, leicht verständliche und dazu auch noch optimistische Kennzeichnung, die Verbrauchern die Sicherheit gibt, ein Produkt zu genießen, das den Zähnen nachweislich nicht schadet.“

Hinzu kommt, dass viele Hersteller sich damit begnügen, ihre Produkte als „zuckerfrei“ auszuzeichnen. Zahnfreundlich ist aber viel mehr als nur zuckerfrei: Immer mehr Produkte enthalten aus geschmacklichen oder Haltbarkeitsgründen Frucht- oder andere Säuren, die den Zähnen schaden und sogenannte Erosionsschäden verursachen. Außerdem bedeutet „zuckerfrei“ nicht gänzlich frei von Zucker, sondern nur, dass weniger als 0,5 % Zucker in einem Produkt enthalten sind. Das kann aber je nach Produktformulierung bereits zu viel für die Zähne sein.

Literatur

1. Szabo de Edelenyi F, Egnell M, Galan P, Druesne- Pecollo N, Hercberg S, Chantal J. Ability of the Nutri- Score front-of-pack nutrition label to discriminate the nutritional quality of foods in the German food market and consistency with nutritional recommendations. Archives of Public Health. 2019;77(28).

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