Jahrestagung

DGDH-Jahrestagung: Bewährte Prophylaxe-Konzepte funktionieren auch bei Implantaten

„Prophylaxe periimplantärer Erkrankungen“ lautete der Titel der Multicenterstudie, die 21 Zahnarztpraxen und Dentalhygienikerinnen durchgeführt haben. Die Ergebnisse stellte Prof. Dr. Johannes Einwag Anfang Juli 2017 bei der 23. DH-Jahrestagung vor.

Wie wichtig die Dentalhygienikerinnen besonders in einem sich wandelnden Dentalmarkt sind, ist unbestritten. „Wir sind schon viele, aber wir müssen noch mehr werden“, sagte Sylvia Fresmann, 1. Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Dentalhygieniker/Innen e.V. (DGDH), bei ihrer Begrüßung zur 23. DH-Jahrestagung, die Anfang Juli 2017 in Ludwigsburg stattfand. Hier stellte Prof. Dr. Johannes Einwag (Direktor des Zahnmedizinischen Fortbildungszentrums, Stuttgart) die Studienergebnisse der Multizenterstudie „Prophylaxe periimplantärer Erkrankungen“ vor, die von 21 Zahnarztpraxen und 21 DH (alle Mitglieder der DGDH) durchgeführt worden war.

Dass Prophylaxe bei natürlichen Zähne funktioniere, wisse man, so Einwag. „Der Dreck muss weg“, sagt er, dann passiere nichts. Biofilm auf Implantatoberflächen unterscheide sich nicht vom Biofilm auf Wurzeln, betonte er, und auch Periimplantitis-Erkrankungen seien biofilmindizierte Erkrankungen. Die Frage sei jedoch: Funktionieren die bekannten Prophylaxekonzepte auch bei Implantaten? Bei der Nachsorge von Implantatversorgungen habe es bis 2012 kaum Studien gegeben. Daher habe man sich gesagt: „Dann machen wir das eben selbst“.

Zunächst erklärte Einwag, dass es kein Verfahren gebe, das eine vollständige, auch in den Mikroporen stattfindende Reinigung der Titanoberfläche ermögliche; dies gelinge nur nach chirurgischer Intervention und Glättung der Oberflächen. Zudem trete keine erneute Aktivierung der osseointegrativen Eigenschaften von Titan ein. Nachfolgende chirurgische Maßnahmen zur Defektfüllung und/oder Augmentation stünden damit unter dem erhöhten Risiko des Therapiemisserfolgs. Prophylaxe müsse so früh ansetzen, dass ein Vordringen des Biofilms in die rauhen Bereiche des Implantats verhindert werde.

Ziel der Studie sei es gewesen, die Effektivität verschiedener Prophylaxemaßnahmen auf die Entstehung periimplantärer Entzündungen zu bestimmen. Daher wurden die Teilnehmer in vier Gruppen aufgeteilt: 1. Hand + Schall + Politur, 2. Hand + Airflow (Glycin) + Politur, 3. Hand + Schall + Politur + CHX-Lack und 4. Hand + Aiflow (Glycin) + Politur + CHX-Lack. Es stellte sich heraus, dass das mechanische Biofilmmanagement auch bei Implantaten funktioniert – und dass die zusätzliche Gabe eines CHX-Lacks keinen Mehrwert bringe. Die periimplantäre Mukositis könne also mit den bewährten Präventionskonzepten verhindert werden – und somit auch der periimplamentäre Knochenabbau.

Sein Fazit: Im Rahmen der UIT haben alle Präventionsstrategien nach zwölf Monaten Beobachtungszeitraum vergleichbare Ergebnisse in der Prävention periimplantärer Entzündungen gezeigt.

Was tun mit parodontalen Resttaschen?

Diese Frage beantwortete Prof. Dr. Dr. h.c. Adrian Kasaj (Universität Mainz) in seinem Vortrag. Sei man in den 70er-/80er-Jahren noch sehr aggressiv vorgegangen, könnte man heute selbst einige Risikopatienten erfolgreich nichtchirurgisch behandeln, was er anhand einiger Patientenfälle veranschaulichte. Können bei glykämisch gut eingestellten Diabetikern konservative und parodontalchirurgische Verfahren in Abhängigkeit von der parodontalen Situation behandelt werden, erhalten schlecht eingestellte Diabetiker nur nichtchirurgische Parodontitistherapien (keine regenerative PAR-Therapie); hinzu kommen Kombinationen mit systemischer Antibiose, chirurgische Notfallmaßnahmen mit Antibiotikaprophylaxe sowie kurze UPT-Intervalle.

Kasaj rät, die Anamnese immer wieder zu erneuern (Rauchen, Diabetes, Stress, Medikamente) und betonte die Bedeutung der richtigen Diagnose (chronisch statt aggressiv). Außerdem soll man sich immer wieder fragen: Wurde die Behandlung tatsächlich perfekt durchgeführt, und ist die Patientencompliance optimal? Wichtig sei auch immer, zwischen Residualtaschen und Rezidiven zu unterscheiden.

Einsatz von Antibiotika ist keine Standardtherapie

Die bei nichtchirurgischen Parodontitistherapien oft eingesetzten Antibiotikaprodukte sind seiner Meinung nach nur sinnvoll für tiefe Taschen. Die Eigenschaften der systemischen Anwendung (weiter Wirkungsbereich, Erreichbarkeit pathogener Keime in Nischen, Auswahl des Antibiotikums nach pathogenem Keim, niedrige lokale Konzentration, systematische Nebenwirkungen, compliance-abhängig) stellte er denen der lokalen Anwendung (enger Wirkungsbereich, mögliche Reinfektion durch nicht behandelte Stellen, hohe lokale Konzentration, kaum Nebenwirkungen, compliance-unabhängig) gegenüber.

Aber der Einsatz von Antibiotika ist laut Kasaj keine adjuvante Standardtherapie bei Parodontitis, sondern sollte der Therapie der aggressiven und schweren chronischen Parodontitis bei Nachweis von A. actinomycetemcomitans vorbehalten sein. „Es gibt Gruppen, die werden Ihnen etwas anderes sagen“, erklärte er, aber ihm sei ein verantwortungsvoller Umgang mit Antibiotika wichtig. Außerdem betonte er, dass die Verabreichung von Antibiotika als Monotherapie ungeeignet sei, da es zu Reinfektionen durch den nicht entfernten Biofilm komme.

Sinnvoller Einsatz von Probiotika

Auch sei der Zusatzeffekt durch subgingivale Applikation oraler Antiseptika (Povidone-Jodlösung 0,2 bis 0,75 Prozent, CHX 0,2 bis 1 Prozent, CaOCI 0,5 Prozent, H2O2 3 Prozent, Aminfluorid/Zinnfluorid 0,25 Prozent) im Vergleich zur alleinigen mechanischen Instrumentierung gering. Auch wenn sich viele sicherer fühlen würden, wenn sie Antiseptika einsetzen – wissenschaftlich sei dies nicht belegt.

Kasaj sprach sich allerdings für den Einsatz von Probiotika aus: Hiermit ließen sich ein signifikant größerer Attachmentgewinn bei adjuvanter Therapie im Vergleich zu SRP allein erzielen (minus 0,42 mm), die BOP-Reduktion sei wesentlich höher (minus 14,66 Prozent), es komme zu ausgeprägten Reduktionen der Sondierungstiefen (minus 0,67 mm) bei tiefen Taschen und bei moderaten Taschen habe man eine Sondierungstiefenreduktion von 0,18 mm im Vergleich zur alleinigen SRP erzielt – allerdings lägen hierzu noch keine Langzeitergebnisse vor.

Er schloss einen Vortrag mit einem Zitat: „Der entscheidende Faktor für eine erfolgreiche nichtchirurgische Parodontaltherapie bleibt die gründliche Instrumentierung und häusliche Mundhygiene des Patienten“ (von Heitz-Mayfield und Lang 2013).
Birgit Strunk