Vorsorge Zahnarzt

Präventionsorientierte Parodontitisbehandlung vom Scheitern bedroht

"Parodontitis ist eine komplexe Entzündungserkrankung des Menschen, an der jeder zweite Erwachsene leidet."

Im 1. Halbjahr 2023 gingen die Neubehandlungsfälle für die bis zu dreijährige neue, präventionsorientierte Parodontitis-Behandlungsstrecke bundesweit signifikant zurück, bei einer weiterhin unverändert hohen Krankheitslast.

Gravierende negative Auswirkungen auf die Mund- und Allgemeingesundheit der Bevölkerung sind die Folge. Dies geht aus dem Evaluationsbericht hervor, den die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) vorgelegt hat.

Der Bericht belegt erstmals anhand konkreter Daten die verheerenden Auswirkungen des im vergangenen Jahr in Kraft getretenen GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) auf die Parodontitisversorgung in Deutschland.

Dazu betonte Prof. Dr. Henrik Dommisch, Präsident der DG PARO: „Parodontitis ist eine komplexe Entzündungserkrankung des Menschen, an der jeder zweite Erwachsene leidet.

Unbehandelt ist sie die häufigste Ursache für vermeidbaren Zahnverlust. Sie steht in direkter Wechselwirkung mit Diabetes mellitus und nimmt zudem Einfluss auf weitere schwere Allgemeinerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und rheumatische Erkrankungen und kann ein erhöhtes Risiko für die Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen darstellen.“

 

Die zentralen Ergebnisse des Evaluationsberichtes

• Im Juli 2023 lag die Zahl der PAR-Neubehandlungen lediglich bei rund 92.400 Fällen, was einen Rückfall auf das Niveau vor Einführung der neuen, präventionsorientierten PAR-Behandlungsstrecke bedeutet.

• Der Trend deutet auf weiter zurückgehende Neubehandlungsfälle hin. Es ist zu befürchten, dass der durch die Gesetzgebung ausgelöste langfristige Schaden für die PAR-Versorgung künftig noch spürbarer sein wird.

• Trotz rückläufiger neuer Behandlungsfälle kommt es im Jahr 2023 durch Folgeleistungen aus bereits begonnenen Behandlungen zu steigenden Gesamtleistungsmengen. Die Regelungen des GKV-FinStG führen dazu, dass die Mittel nicht ausreichen und zunächst für die Weiterbehandlung der in den Vorjahren begonnenen Fälle aufgewendet werden müssen. Dies käme drastischen Leistungskürzungen gleich.

• Aufgrund der vertraglichen Regelungen ergeben sich regional unterschiedlich starke Auswirkungen des GKV-FinStG. Damit droht eine Versorgungslage der Versicherten, die davon abhängt, in welchem Bundesland der oder die Versicherte behandelt wird und bei welcher Krankenkasse sie oder er versichert ist.

• Die Auswirkungen des GKV-FinStG sind mit erheblichen Folgekosten für die Krankenkassen verbunden. Im zahnärztlichen Bereich summieren sich diese auf rund 200 Mio. Euro jährlich. Es ist auch von deutlich negativen Auswirkungen des GKV-FinStG auf die Allgemeingesundheit der Versicherten und dadurch von Folgekosten auch im ärztlichen Sektor auszugehen – insbesondere im Zusammenhang mit Diabeteserkrankungen.

• Indirekte Krankheitskosten von unbehandelter Parodontitis (z. B. durch Produktivitätsverlust aufgrund der Abwesenheit vom Arbeitsplatz, Zahnlosigkeit oder unbehandelter Karies bei Patient:innen mit Parodontitis) liegen laut einer international vergleichenden Studie für Deutschland bei rund 34,79 Mrd. Euro. Die konsequente Therapie von Parodontitis würde diese Kosten zumindest reduzieren und die Wirtschaft entlasten.

Der vollständige Evaluationsbericht und eine Kurzfassung des Berichts können unter www.kzbv.de abgerufen werden.